Dienstag, 24. April 2012

Kambodscha –Land der 14.000.000 Lächeln



Das freundliche, offene und überschwängliche Lächeln, welches man auf jedem Gesicht in Kambodscha sehen kann, ist meine liebste Erinnerung an dieses kleine Land im Herzen Asiens.
Die Geschichte Kambodschas gibt eigentlich überhaupt keinen Grund zum Lachen. Zuerst wurde der Osten des Landes in den 70ern von Amerikanern bombardiert, da diese der Ansicht waren, es würden sich Vietnamesische Guerillas dort versteckt halten – tausende Zivilisten sterben.
Kurz darauf kommen die Roten Khmer unter ihrem Befehlshaber Pol Pot an die Macht und töten innerhalb von 4 Jahren 1-3 Millionen Kambodschaner (genaue Zahlen sind nirgends bekannt).
Was heute nach diesen schlimmen Kriegsjahren besonders auffällt ist zum einen, dass Kambodscha ein sehr „junges“ Land ist denn es gibt wegen der Roten Khmer Regierung kaum mehr alte Menschen und zum anderen die schier endlose Glückselig-, Freundlich- und Herzlichkeit der Einheimischen, die einem an jeder Ecke endgegensprüht.
Eine weitere Erkenntnis, welche ich in Kambodscha gewonnen habe, ist, dass man dort einfach alles isst. Man findet allerlei Innereinen (u.a. Magen, Herz, Leber, Lunge) in den beliebten Nudelsuppen, in den gulaschähnlichen Gerichten, die man auf einheimischen Märkten bekommt, wird vom Hühnerkopf oder –fuß bis zum Schweineohr alles verwertet (inklusive Sehnen, Knochen und Knorpel), es gibt Embryo-Eier, welche mit großen Genuss verspeist werden, gebratene Insekten und Schlangen, Froschschenkel, gegrillte und sehr pfeffrige Eier am Spieß, Schildkröten, salzige, gegrillte Bananen, getrockneten Fisch und Stinkfrucht um nur ein paar Beispiele zu nennen. Kulinarisch ist Kambodscha definitiv etwas für „Experimentierfreudige“, es finden sich aber auch ganz „normale“ Köstlichkeiten wie Khmer Curry, Amok (Fisch- oder Fleischcurry mit Kokosmilch im Bananenblatt gedämpft), gebratene Nudeln, Fisch-BBQ und (mein Favorit) frische Frühlingsrollen mit Salat, Kräutern und Glasnudeln. 



Früher dachte ich, dass Kambodscha nicht viel mehr zu bieten hat als den berühmten Angkor Wat, welchen wir gleich nach unserer Ankunft besichtigten.
Angkor… What?! 


Die Tempel von Angkor, allen voran der Angkor Wat, sind imposante Bauwerke die zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert im großen Khmer-Reich von Gottkönigen erbaut wurden. Obwohl die Tempel heute buddhistisch sind, erkennt man ganz deutlich den früheren hinduistischen Einfluss.
Sie  befinden sich unweit von der schönen Stadt Siem Reap und von dort aus kann man die Tempel entweder mit dem Rad oder TukTuk besichtigen. 


Die Tempel von Angkor kann man kaum beschreiben, man muss sie gesehen haben und sie sind allemal eine Reise wert – vor allem Angkor Wat bei Sonnenaufgang, der Bayon, von dessen Türmen einen hunderte von selig lächelnden Gesichtern zu beobachten scheinen, und der Ta Phrom, ein Tempel der von der Natur zurück erobert wird. Viele der Bauwerke sind von riesigen Wurzeln umrankt und manchmal wächst ein Baum sogar auf einer Mauer oder einer Turmspitze.


Wir verbrachten insgesamt drei Tage mit der Besichtigung der riesigen Tempelanlage. Obwohl wir die oben genannten Highlights bereits am ersten Tag zu sehen bekamen, war jeder Tempel an sich etwas besonderes und es gab überall Schönes zu entdecken. Ich muss aber auch gestehen, dass ich nach einer Weile keine Lust mehr auf alte, zerfallene und ruinenartige Gebäude hatte. Viel zu dieser Unlust trug wahrscheinlich die allgegenwärtige brütende Hitze bei, die mich schwitzen ließ wie noch nie in meinem Leben.

Falls jemand mehr über den Angkor Wat erfahren möchte, hier ein Link zu einer von zahlreichen Dokumentationen über dieses Wunder der Menschheitsgeschichte:


http://www.youtube.com/watch?v=580Fw-u0zcE

Einer der schönsten Tempel, den ich jemals gesehen habe, war allerdings der Wat Bo in Siem Reap selbst. Das alte, wunderschöne Bauwerk ist umringt von Frangipani-Bäumen und Grabstupas und man kann sich gegen 17:30 die Gebetsgesänge der dort heimischen Mönche anhören.



Battambang war unser nächstes Ziel. Es wurde als charmante Stadt angepriesen, mit schönen, französischen Kolonialstylhäusern und vielen Ausflugsmöglichkeiten. Wir waren von der Stadt an sich recht enttäuscht, da sie sich weniger als charmant aber dafür als recht dreckig und staubig herausstellte. Wir hatten trotzdem sehr schöne Erlebnisse.
Wir machten einen tollen Kochkurs für 10$ bei einer Familie etwas außerhalb der Stadt. Der nette Familienvater ging zuerst mit uns auf dem lokalen Markt einkaufen, beantwortete unsere Fragen und kaufte uns sogar ein fermentiertes und in Asche gewälztes Ei, welches wir später zum Probieren bekamen – unsere ganz besonderes Osterei dass nach Stinkkäse schmeckte. 


Wir schnitten die Zutaten, schauten bei der Zubereitung der Currypaste zu, bastelten die Körbe aus Bananenblättern für das Amok und kochten unsere Gerichte selbst unter der Anleitung der netten Mutter (die leider kaum Englisch sprach – aber mit Händen und Füßen ging die Verständigung schon irgendwie). Das Essen war einfach köstlich und die Erfahrung Gold wert. 


Wir fuhren auch auf dem berühmten „Bamboo-Train“, einer Bahnlinie in sehr ländlicher Gegend, die zwei Dörfer miteinander verbindet. Der Zug selbst ist ein Bambusgerüst auf Rädern, welches bei Gegenverkehr kurzerhand abgebaut, von den Schienen getragen und nach passieren des voller beladenen Zuges wieder aufgebaut wird. Die Fahrt war überraschenderweise sehr rasant und machte viel Spaß. Im anderen Dorf wurde gerade eine Hochzeit gefeiert, was der Tour noch den letzten Schliff gab.
Später besuchten wir einen Tempel auf einem Berg und die „Killing Caves“, in denen während der Roten Khmer Regierung einige tausend Menschen starben. Heute ist dort ein Schrein aufgebaut und man kann die Totenköpfe der Opfer sehen.
Zum Abschluss der Tour durften wir ein besonderes Naturschauspiel bewundern: kurz nach Sonnenuntergang strömten tausende und abertausende Fruchtfledermäuse aus einer Höhle direkt über unseren Köpfen. Wir beobachteten das Spektakel ca. 30 Minuten und der Strom riss keine Sekunde ab.

Ein Dreh- und Angelpunkt in Kambodscha ist natürlich seine große, laute, verkehrsreise, verwirrende und staubige Hauptstadt Phnom Penh, die wir hauptsächlich wegen des Königspalastes, der Silberpagoda, dem Wat Phnom, welcher auf dem höchsten Punkt der Stadt thront (ganze 27 m), und des Toul Sleng Genocide Museum (auch S-21 genannt) besuchten. Das S-21 war früher eine Schule und wurde während der Roten Khmer Regierung als Gefängnis genutzt. Das Gefängnis ist vergleichbar mit den KZ’s der Nazis. Unser Besuch dort war sehr lehrreich was die Geschichte des Landes angeht, aber auch erschütternd und berührend. Man lernt durch Bilder und Verhörunterlangen der Gefangen über die Schicksale von Einzelnen und mir wurde einmal mehr bewusst, wie nah Macht und Wahnsinn zusammen liegen. 


Die vier Jahre der Terrorregierung von Pol Pot haben das Land fast in die Knie gezwungen und beinahe wäre das gesamte Land ausgerottet worden. Jeder, der nicht so handelte oder dachte wie es sich die Roten Khmer einbildeten oder nicht das tat, was von ihm verlangt wurde oder sich beschwerte, von seiner Familie getrennt zu werden um auf dem Land schwere Arbeit zu leisten (die Menschen wurden mehr oder weniger versklavt – auch Frauen und Kinder) wurde kurzerhand getötet. Eine Terrorregierung unter dem Deckmantel der Demokratie – ein schwerer Schlag für die Menschen dieser Generation, der tiefe Wunden bei den Überlebenden hinterlassen hat – aber auch eine neue Chance für eine sehr „junges“ Land und seine besonders lebensfrohen Bewohnern.

Eine sehr informative Dokumentation zum Thema S-21 gibt es hier:



Sihanoukville, ein Ort am kurzen Küstenabschnitt Kambodschas, besuchten wir zum Asiatischen Neujahr. Zu diesem Anlass zog es viele Einheimische sowie Vietnamesen, Koreaner und westliche Touristen an den Strand, es wurde viel gegessen und gefeiert, es gab jeden Abend eine Wasser- und Puderschlacht und es gingen nicht nur viele Feuerwerke in die Höhe sondern auch die Preise für Unterkünfte. Der Standabschnitt Serendipity, der in den Ochheuteal Stand übergeht, ist definitiv kein Paradies, versprüht aber einen ganz besonderen Charme, der vielleicht erst bei genauerem Hinsehen ersichtlich wird. Der Strand ist übersät von Liegen und Korbstühlen, die man „umsonst“ den ganzen Tag nutzen kann wenn man ein Getränk im dazugehörigen Restaurant bestellt. Die „Strandweiber“, welche die obligatorischen Massagen und Maniküren etc anbieten, sind die angenehmsten und freundlichsten, die mir je begegnet sind, in jedem Restaurant kann man auch selbst mitgebrachte (bzw am Strand gekaufte) Speisen verzehren (ganz Khmer-Art), abends gibt es leckere Fisch- oder Meeresfrucht-BBQ’s für wenig Geld und die Alkoholpreise sind unschlagbar günstig.
Ich hab mich zumindest für unter 8$ so richtig abgeschossen! 


Leider ist der Strandabschnitt auch eine Hochburg des Sextourismus. Kambodscha ist berühmt-berüchtigt für seine Kinderprostitution und ein manches Mal musste ich mich ernsthaft fragen, ob die süße kleine dort am Tisch gegenüber, die sich so leichtfertig an den Hals des viel älteren Herren wirft, auch wirklich schon volljährig ist.
Auch die Armut der Einwohner wird einem hier unverblümt unter die Nase gehalten. Ganze Familien schlafen auf der Straße, während die Touristen total betrunken auf dem Weg vom Strand in ihre Unterkunft an ihnen vorüber torkeln. Der Strand ist bevölkert von kleinen Kindern, meist nicht viel älter als 4 oder 5 Jahre, die Plastikflaschen und Dosen bis spät in die Nacht sammeln oder Kleinigkeiten wie Kekse oder Armbänder verkaufen. Viele Kinder tragen viel zu große oder zu kleine Kleidung und bettelten auch oft nach „Jamjam“ (Essen). 


Merkwürdiger Weise habe ich mich sehr schnell an diesen „Makel“ der Strandidylle gewöhnt. Das lag wohl daran, dass die Leute trotz allem sehr fröhlich waren und immer lächelten, lächelten, lächelten.

Wir machten nach ein paar Tagen am Strand einen schönen Ausflug mit dem Boot. Der Schnorchelausflug ist leider nicht sehr erwähnenswert, da man dank des trüben Wassers überhaupt nichts sah, aber der Stopp auf einer Insel mit langem, unberührtem Sandstrand machte das wieder wett. 


Wir schlossen uns einer Dschungelwanderung über die Insel an, welche in dem sumpfigen und stinkigen Wasser der Mangroven endete. Diese Mangrovenwanderung war für mich das Highlight des Trips, bin ich doch zuvor nur durch Mangrovenwälder gefahren aber noch die gelaufen (oder gewatet).


Mein Reisebegleiter und guter Freund Michi machte auf dem Boot seine ganz eigene Erfahrung mit dem „Schnorcheltest“ und trank 6 Gläser Bier auf ex. Später wackelte das Boot ganz fürchterlich und ihm wurde ein bisschen schlecht, ansonsten verkraftete er seinen Schnorcheltest um einiges besser als ich damals.

Der letzte Stopp unserer Reise durch Kambodscha war Krati (gesprochen Kratiiiiii oder Krate oder Kratschi oder Krotscheiiii – sehr verwirrend) – wieder eine angeblich charmante, in Wahrheit aber überaus verdreckte, kleine Stadt am Mekong. 


Berühmt ist dieser Ort wegen den seltenen Irrawaddy-Süßwasserdelfinen, welche man ganz in der Nähe beobachten kann. Wir sahen während unserer 1-stündigen Bootstour mindestens 10 dieser walartigen Tümmler ganz in der Nähe des Bootes. 


Anschließend verbrachten wir die heißen Mittagsstunden in sowas wie einem „Freibad“ an einer Stromschnelle des Mekong inmitten von Einheimischen in einer Hängematte. 



Meiner Meinung nach hat das Land viel mehr zu bieten als „nur“ den Angkor Wat und ich bin überaus froh, dort gereist zu sein. Ich denke, dass man von den Einheimischen in Sachen Frohsinn und Leichtigkeit des Seins noch so einiges lernen kann und ich war sicher nicht zum letzten Mal dort aber nun heißt es erstmal Abschied nehmen.

Lee-a hou-ee Kambodschea
Sabai di Lao


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