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Kashi – Stadt des Lebens
Die heilige Stadt Varanasi, Geburtsstätte Shiva’s, wo Leben und Tod nur Zentimeter voneinander getrennt scheinen, ist ein richtiges Drecksloch. Es war unglaublich drückend heiß, die wirklich sehr engen, unübersichtlichen Gassen der alten Stadt waren voll von Menschen, Kühen, Ziegen, Affen und deren Exkrementen, Müll und Ungeziefer. Sich zu verlaufen ist eigentlich unvermeidlich.
Um das bekannteste „Ghat“, das Manikarnika- oder Burning Ghat, zu finden, muss man eigentlich nur einer der zahlreichen Bahren folgen, auf denen tote Körper zum verbrennen am Ganges getragen werden. Die Toten werden zuerst im Fluss gebadet und dann auf einen Holzstapel gelegt. Die Art des Holzes ist eine Geld- und somit Kastenangelegenheit. Umso feiner das Holz, desto teurer die Verbrennung. Das Holz wird auf altertümlichen Waagen gewogen und berechnet.
Mir wurde gesagt, dass eine günstige Verbrennung ca. 4000 Rps (also ca 65 Euro) kostet. Eine Verbrennung der ersten Kaste kostet bis zu 10 Mal so viel, da dafür das kostbare Sandelholz verwendet wird.
Der Holzstapel wird mit dem heiligen Feuer, dass angeblich seit tausenden von Jahren ununterbrochen brennt, angezündet. Dies übernimmt der nächste, männliche Angehörige, der sich vorher Haare und Bart rasieren lassen muss.
Es heißt, dass die Toten, die hier in Varanasi am Ganges verbrannt werden, sofort ins Nirvana einziehen. Daher finden hier täglich 300 bis 400 Verbrennungen statt. Fotografieren ist an den Burning Ghats strengstens verboten und ich kann auch verstehen, wieso.
Trotz der Verbrennung in aller Öffentlichkeit ist es doch ein sehr intimes Ritual. Ich habe noch nie in meinem Leben eine Leiche gesehen, an diesem Tag sah ich unzählige. In den vielen Feuern, die jeweils 2,5 bis 3 Std. brennen, konnte man meistens noch die Gliedmaßen ausmachen. Die Luft ist erfüllt von Asche und der Rauch brennt in den Augen.
Die Toten, die eines „unnatürlichen Todes“ wie zB von einem Kobrabiß, gestorben sind, dürfen nicht verbrannt werden und landen im Fluss.
Etwas weiter oben kann man viele Menschen beobachten, die sich im Ganges baden und beten. An fast jedem der vielen Ghats werden Pujas zelebriert, bevor man in den Ganges steigt. Der Ganges selbst ist voll von Booten mit schaulustigen Touristen, verwelkten Blumenketten und Müll.
Ich habe mir das Treiben auch von einem Boot aus angeschaut und eine Kerze in einem Rosenbett auf dem Ganges schwimmen lassen. Davor durfte ich mir etwas wünschen und es heißt, dass die „Mutter“ (Ganga) dafür sorgt, dass er in Erfüllung geht.
In Varanasi traf ich allerdings Gil, meinen Tauchbuddy von den Andamanen, und seine Freunde.
Ich blieb nur eine Nacht in der „Stadt des Lebens“ (welch Ironie) und in diese Nacht wurde ich krank.
Da habe ich es geschafft, 2 ½ Monate in Indien ohne Durchfall oder sonstigen Krankheiten zu reisen und zum Schluss erwischt es mich doch. Ich habe aber erfahren, dass fast jeder in Varanasi krank wird – mich wundert das ganz und gar nicht.
Am nächsten Tag stand mir eine 12-stündige Nachtzugfahrt nach Khajuraho mit eckligen Plumpsklos bevor und ich spielte mit dem Gedanken, einfach in Varanasi zu bleiben. Diesen verwarf ich aber ganz schnell wieder und quälte mich trotz Fieber, Übelkeit und Schmerzen durch die engen, dreckigen Gassen in ein Tuktuk, welches mich zum Bahnhof brachte und von dort in den überraschend leeren aber brüten heißen Zug, in dem ich nach Khajuraho fuhr.
Ich blieb 4 Nächte in Varanasi. Es war ein Traum. Ich wohnte direkt über dem Ganges in einem 10 $ Hotel. Ich wurde nicht krank. Es war die schönste Zeit während meiner Indienreise! ( Irmingard 69 Jahre alt!!!)
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