Sonntag, 26. Juni 2011

Nepal Teil 6: Serlo, die Lamas und Englischunterricht



Do not evil whatsoever
Cultivate virtue fully
Tame your mind completely
This is the teaching of the Buddha

Silence is prayer. Prayer is faith.
Faith is love. Love is service.
Service is peace.




Um fünf Uhr morgens werden die Lamas durch einen Gong geweckt. Von 6 bis 7 findet das Morgengebet im Tempel statt. Dieses wird begleitet von Trompeten, Handglocken (dril-bu), langen Hörnern (dung-chen), Muscheln und Trommeln. Dieses „Musik“, die wie Mittelaltermusik klingt, weckte mich für gewöhnlich auf.
Um  7 Uhr gibt es Frühstück und von 8 bis 11 haben die Lamas Unterricht in Tibetisch und, solange Martin und ich da waren, Englisch. Morgens unterrichteten wir die jungen Lamas zwischen 10 und 14 Jahren. Um 11 Uhr gibt es Mittagessen. Von 12 bis 13 Uhr müssen die Mönche ihre Handschrift in Tibetisch üben, von 13 bis 15 Uhr ist nochmal Unterricht. In dieser Zeit unterrichteten Martin und ich die älteren Mönche.
Um 15 Uhr gibt es Tee, danach ist eine Debattierstunde, von 17 bis 18 Uhr sind nochmal Gebete im Tempel (wieder begleitet von tibetischer Instrumentalmusik), um 18 Uhr gibt es Abendessen (zumindest für die Lamas, Martin und ich aßen mit den hohen Lamas Rinpoche, Khempo und Galden und das meistens etwas bis viel später) und von 19 bis 21 Uhr haben die Lamas Zeit, ihr gelerntes zu wiederholen und zu verinnerlichen. Um 21 Uhr ist Schlafenszeit.
Das Essen nehmen die Mönche in einer großen Essenshalle zu sich, Martin und ich aßen in einem kleineren Raum neben der Küche, der für die hohen Lamas und Gäste reserviert ist.


Unterricht findet in einem extra Gebäude statt. Wir hatten ein eigenes Klassenzimmer mit Tafel, kleinem Schreibtisch und einem Regal mit Spielen, welche Ria mitgebracht hatte.
Die Mönche saßen auf Sitzmatten auf dem Boden und schrieben mit ihren Heften auf den Knien im Schneidersitz. 


Leider gab es weder Bücher noch anderes Lehrmaterial, daher mussten wir uns täglich selbst etwas ausdenken. Wir gestalteten ein paar Arbeitsblätter aber meistens mussten die Mönche alles selbst aufschreiben. Manchmal erwischten wir ein Thema, dass sie bereits gelernt hatten, manchmal eines, dass zu schwierig war und dann wieder eines, dass viel zu leicht war. Ohne Lehrmaterial und Büchern ist es wirklich nicht einfach, den Unterricht sinnvoll zu gestalten.



Das Englisch der Kids ist leider unterdurchschnittlich für ihr Alter. Mit den kleinen Lamas machten wir Englisch auf Vorschulniveau, denn sie hatten fast alle ein ähnliches Wissen (bzw. kein Wissen), mit den älteren war es jedoch noch schwieriger, weil jeder unterschiedliche Kenntnisse hatte. Manche waren gut bis sehr gut, andere verstanden nur Bahnhof. Am schwierigsten war es, neue Vokabeln zu lehren, so ganz ohne Nepali- oder Tibetischkenntnissen. Daher erklärten wir meistens mit Händen und Füßen. Vor oder nach dem Unterricht ließen wir unsere Schüler immer noch für eine halbe Stunde spielen, da sie sonst nie die Gelegenheit dazu haben. 


Die Mönche besitzen grundsätzlich keine Spiele und haben auch keine Zeit zum Spielen, da es im Kloster immer etwas für sie zu tun gibt: sei es Küchendienst, putzen, Holz oder Heu holen, Holz hacken, eine neue Hundehütte bauen, beim Bau des neuen Gebäudes helfen, Steine schleppen, in Phaplu auf den Markt gehen, Tormas machen, etc. Die Arbeiten hier sind sehr vielfältig und es gibt wirklich immer was zu tun. Oftmals fiel der Unterricht auch aus, weil alle Mönche in den Wald gehen mussten um Holz zu hacken, Bäume zu fällen oder das Holz vom Berg herunterzutragen. 


Sogar die kleine Mönche mussten bei diesen Arbeiten mithelfen. Wenn wir Glück hatten wurde uns nach dem Frühstück oder Mittagessen gesagt, wenn der Unterricht ausfiel – meistens jedoch stellten wir das erst im Klassenzimmer fest, wenn wir vergeblich auf unsere Schüler warteten.
Als Martin und ich nach Taksindu unterwegs waren ereignete sich leider ein Unfall. Ein Mönch wurde beim  Baum fällen von einem großen Stamm am Kopf getroffen, die Schädeldecke brach und er wurde sofort bewusstlos. Man brachte ihn zuerst in die Krankenstation in Junbesi. Von dort wurde er am nächsten Tag mit dem Heli nach Katmandu geflogen. Ich wurde von Rinchhen, der mit dem verletzen Mönch nach Katmandu flog, auf dem Laufenden gehalten und erfuhr, dass es ihm nach der Operation recht bald wieder besser ging.

Dass Rinchhen plötzlich nicht mehr da war, war fast schon eine Tragödie für mich. Ich wusste gar nicht so richtig, was ich mit mir den ganzen Tag (und vor allem Abend) lang ohne ihn und unseren Gesprächen anfangen soll. Ich gewöhnte mich zwar bald an seine Abwesenheit, er hinterließ aber doch ein großes Loch und Serlo war nicht mehr der selbe Ort ohne ihn.


In meiner letzten Woche in Serlo wurde ich auch wieder richtig unruhig. Ich war immerhin bereits über 7 Wochen in der gleichen Umgebung (abgesehen von unserem medihimal-Ausflug) und ich brauchte dringend einen Tapetenwechsel. Daher kam es mir und Martin ganz gelegen, dass bald die „Fastenzeit“ der Buddhisten anfing. Uns wurde gesagt, dass zu dieser Zeit kaum Lamas in Serlo wären. Wir wären zwar herzlich eingeladen, auch am Fasten teilzunehmen, als uns aber erklärt wurde, dass es zum Einen nur ein Mal am Tag etwas zu Essen gibt (und zwar nur dieses fade Tsampa-Wasser-Gemisch) und zum Anderen an einem Tag weder gegessen,  getrunken noch geredet wird, entschlossen wir, die Einladung dankend abzulehnen und uns auf den Weg nach Katmandu zu machen.



Samstag, 25. Juni 2011

Nepal Teil 5: Abenteuer medihimal



Nach dem Vajra-Guru Trubel nutzen Martin und ich die Gelegenheit, mit Dawa, einem jungen Mann aus Junbesi mit dem ich mich sehr gut verstand, nach Phaplu zu laufen um endlich mit unserer Arbeit für medihimal durchzustarten.
Wir sollten ein paar Schulen in den „umliegenden“ Dörfern Salleri, Chialsa, Garma und Bhitakharka  besuchen, um Fotos von den Patenkindern zu machen. Außerdem sollten wir herausfinden, ob das Geld ankommt und wie es verwendet wird.
Der Weg zurück nach Phaplu stellten sich als weniger anstrengend heraus als der Hinweg, wir liefen aber trotzdem fast 5 Stunden bergauf und bergab.
Wir dachten, dass wir nach dem etwas eintönigen Klosteressen nun endlich mal was anderes essen würden als Sherpa Stew, Daal Bhaat und Momos. Am Ende aßen wir jedoch jeden Tag Sherpa Stew, Dhaal Bhaat und Momos und vermissten das Kloster recht bald wieder.
Der erste Tag unserer Arbeit war ein Freitag und wir erfuhren unterwegs, dass die Schulen an diesem Tag nur bis 1 Uhr geöffnet haben. Da die Schulen auch erst um 10 Uhr öffnen, da machen Kinder sehr lange und beschwerliche Schulwege haben, blieb uns nicht sehr viel Zeit. Wir machten uns zum Ziel, die Schule in Salleri und die im eine Stunde entfernten Chialsa zu erledigen. 
Leider war uns nicht bewusst, das Salleri doch ein größeres Dorf ist und die Schule recht weit unten lag. Als wir sie schließlich fanden, war es schon recht spät. Der Direktor der Schule war jedoch sehr nett und trommelte die Kinder für uns zusammen. 


Leider stellten wir fest, dass die Liste, die wir von medihimal bekommen haben nicht mit der Liste des Direktors übereinstimmt. Also forderten wir später per Mail eine aktuelle Liste an.
Als wir nach Chialsa aufbrachen war es bereits 11:30 Uhr und wir beeilten uns, den recht steilen, unwegsamen Weg zu erklimmen. Auf halber Strecke fing es plötzlich an zu gießen wie aus Eimern und wir entschlossen, in einem Teehaus zu warten. Die Jungs tranken Chang und Rakschi (lokale alkoholische Getränke), ich Milchtee. Als der Regen endlich nachließ, war es schon nach ein Uhr und wir kehrten unverrichteter Dinge nach Salleri zurück, um in einem lokalen „Restaurant“ hausgemachten Büffelmomos zu essen.
Am darauffolgenden Tag war Samstag und Schulfrei aber auch Markttag in Phaplu. Der Markt war aber nicht wirklich in Phaplu sondern in Salleri, und zwar am ganz anderen Ende. Warum jeder immer sagt, dass der Markt in Phaplu wäre, verstehe ich nicht. 


Auf dem Markt gibt es zwischen Klamotten und allerlei Krimskrams vor allem frisches Obst, Gemüse und (lebende) Hühner. Auf dem Weg zum Markt kamen uns scharenweise Menschen bepackt mit Obst und Gemüse für eine Woche und Hühner, die sie einfach so im Arm trugen, entgegen.
Wir ergatterten Bananen, Mangos und Äpfel (eine Rarität hier oben in den Bergen) und ein Glas Erdnussbutter.
Dawa verließ uns an diesem Tag. Der Arme musste 2 Tage lang um seinen Flug nach Kathmandu bangen und als wir vom Markt zurück kamen, war zwar das Flugzeug gelandet aber es war immer noch nicht klar ob er nun fliegen würde, da die Sicht auf einmal ganz schlecht wurde und die Wolken extrem tief hingen. Die Piloten hatten sich zum Tee trinken zurück gezogen und die Passagiere warteten geduldig auf besseres Wetter.
Als sich die Wolken für 10 Minuten lichteten, hob die Maschine 5 Stunden verspätet ab.
Das ist allerdings keine Seltenheit in Phaplu. Da die Piloten grundsätzlich auf Sicht fliegen und die Wolken wegen der Höhe oft sehr tief hängen, kommen manchmal überhaupt keine Flüge an oder sie können nicht starten. Da in einer Maschine nur 20 Personen Platz haben, warten oftmals sehr viele Leute tagelang auf einen Flug . Noch dazu kommt, dass (westliche) Touristen Vorrang vor den Einheimischen haben, da sie fast 60% mehr für ihren Flug bezahlen.
Am Sonntag verließen wir Phaplu und machten uns auf den Weg nach Chialsa. Vorher luden wir jedoch die aktualisierte Patenkinderlisteaus, die wir per E-Mail erhalten hatten, herunter. Dafür veranschlagten wir 15 Minuten, am Ende brauchten wir wegen der schlechten Internetverbindung jedoch 3 Stunden. Wir brachen somit viel zu spät nach Chialsa auf. Als wir dort ankamen wurde uns gesagt, dass der Direktor mit vielen Schülern von unserer Liste in Salleri ist, um Bücher zu holen. Somit machte es überhaupt nichts, dass wir später angekommen sind. Wir erfuhren auch, dass diese Schule am Freitag nur bis 12 Uhr offen hat. Somit mussten wir dem Regen von Freitag richtig dankbar sein. 


Nachdem wir die Schüler abgeknipst hatten, gingen wir auf einem wunderschönen Weg über eine Heide nach Garma. Dies war zwar nicht der richtige Weg und recht abenteuerlich, aber dennoch ein sehr schönes Erlebnis. 


Wegen unseres Verzuges am Vormittag kamen wir genau zum Schulschluss um  4 Uhr in Garma an. Wir trafen die Lehrer einer der 2 Schulen, die wir dort besuchen sollten, und diese führten uns zur einzigen Lodge des Dorfes, die auch noch zufällig Sonam Sherpa’s Eltern gehört. Sonam ist zum Einen der junge Mann, der mir in Kathmandu mit dem Flug geholfen hat und zum Anderen Mitarbeiter von medihimal in Kathmandu und zuständig für die ganzen Dörfer, die wir besuchen sollen.
Da wir keine Zeit und Gelegenheit für ein Mittagessen hatten, waren wir extrem hungrig und konnten das Abendessen kaum abwarten. Wir mussten uns aber bis kurz vor 9 Uhr gedulden, denn das Essen wurde erst nach dem Stromausfall, der täglich von halb 8 bis halb 9 stattfindet, serviert.
So saßen wir eine Stunde bei Kerzenlicht im Essensraum und unterhielten uns mit einem weiteren Gast aus Kathmandu, der für den Bau einer Straße in Garma eingesetzt war. Wir erfuhren, dass er u.a. einmal für Walterbau bearbeitet hatte.
Am nächsten Morgen wurden wir von einer Lehrerin in der Lodge abgeholt und liefen zusammen zur Grundschule. Dort unterhielten wir uns recht lange mit dem Schulleiter und den Lehrern. Nachdem wir die jungen Schüler fotografiert hatten, bekamen wir noch Tee und Kekse und von jedem Lehrer eine Khata zum Abschied.


Einer der Lehrer begleitete uns zur nächsten Schule, die recht weit unten lag. Dort hatten wir über 40 Schüler zu fotografieren. Die Schule beherbergt allerdings Waisen- und gehörlose Kinder und für letztere gibt es eine eigene Klasse mit ausgebildetem Lehrer. Vor allem diese zwei Projekte unterstützt medihimal dort mit Patenschaften.
Auch dort bekamen wir Tee, wir unterhielten uns ein wenig mit dem Direktor und den Lehrern und bekamen von allen Schülern zum Abschied Khatas. 


Bepackt mit Unmengen von Khatas machten wir uns auf den Weg nach Bithakharka. Dieses Dorf liegt auf der anderen Seite des Tals und relativ hoch. Beim Abstieg verfehlten wir eine Abzweigung und irrten zwischen Gemüsefeldern umher bis uns einen nette Sherpafrau mit Händen und Füssen zu verstehen gab, dass wir den Berg wieder hoch und etwas weiter drüben wieder runter klettern müssen. Als wir die Brücke überquerten, die uns auf die andere Talseite führte, hängten wir dort alle Khatas auf. Khatas sollen Glück bringen und in diesem Fall für eine sichere Reise sorgen. Deshalb bekommt man diese grundsätzlich zum Abschied.


Auf der anderen Seite ging es richtig steil bergauf, immer höher und höher. Es war richtig anstrengend und wir wussten überhaupt nicht, ob wir richtig waren - hier im Solu Khumbu gibt es ja nirgendwo Wegweiser o.ä. und wenn, wie diesmal, weit und breit keine Menschenseele zu sehen ist, muss man sich auf sein Gefühl verlassen. Ich hatte irgendwie gar kein gutes Gefühl und dachte den ganzen Aufstieg lang, dass wir bestimmt falsch waren, umkehren und irgendwo anders nochmal hochsteigen müssen. Wir waren aber so ungefähr richtig und nach nur einemklitzekleinen Umweg fanden wir die Schule, die tatsächlich ganz oben lag. Die Schulleiterin der Grundschule fragte uns verwundert, wie wir die Schule ohne Guide gefunden hatten… 


Auch dort bekamen wir nach getaner Arbeit eine Khata zum Abschied.
Nun ging es zurück nach Phaplu, erst moderat und dann recht steil bergab und über eine weitere Brücke wieder auf die andere Talseite. Dort erwartete und ein extrem steiler und anstrengender Aufstieg.
Ich muss vielleicht erwähnen, dass dies der Schulweg von manchen Kindern ist und ich glaube, wenn ich dort aufgewachsen wäre, hätte ich täglich die Schule geschwänzt.
Als wir nach einem langen, anstrengenden und doch erfolgreichen Tag in Phaplu ankamen, wollten wir eigentlich nichts weiter als eine Dusche, eine warme Mahlzeit (da wir wieder kein Mittagessen hatten) und ein Bett. Ich glaube, ich war selten in meinem Leben so verschwitzt, hungrig und müde.
Am nächsten Tag verließen wir Phaplu und liefen in „Rekordzeit“ (3,5 Stunden) zurück nach Junbesi, wo wir uns als Belohnung für die „Strapazen“ der letzten Tage einen Snikerspie im Namaste Guesthouse gönnten.
 
Ein paar Tage später, als für uns der Unterricht wegen Arbeiten die die Mönche zu verrichten hatten, ausfiel, entschieden Martin und ich spontan, die Patenkinder in Taksindu zu besuchen.
Auf dem Weg dorthin, der immer schön steil nach oben geht, liegt ein kleines Dorf mit 3 Häusern, die alle ein „Mount Everest View Hotel/Sherpa Lodge“ sind. Von diesem Dorf aus kann man mit ganz viel Glück das Mount Everest Panorama und auch den Gipfel der Welt selbst sehen.
Auf dem Weg zu diesem Dorf kamen wir so hoch (oder die Wolken so tief) dass wir buchstäblich über den Wolken waren. 


Vom Mount Everest sahen wir jedoch zunächst nichts. Die schwere Wolkendecke verdeckte die Sicht komplett. Die Besitzer der Mount Everest View Sherpa Lodge, in der wir übernachteten, waren sehr lustige Leute. Sie setzen sich immer auf das Dach des Toilettenhäuschens und beobachteten die Menschen auf der anderen Talseite mit einem riesigen Fernglas. Außerdem spielte der Besitzer mit uns Carambol, ein lokales Spiel, welches Martin aus Indien her kannte.


Am nächsten Morgen weckte uns das Ehepaar um halb 6, denn der Blick auf das Panorama und den Mount Everest war komplett frei. So kam es, dass ich den Mount Everest, wenn auch aus weiter Ferne, bewundern konnte. Nach einer halben Stunde versperrte die Wolkendecke wieder die Sicht.


Wir liefen früh los in das immer noch 4 Stunden entfernte Taksindu. Die Sherpas sagten uns, dass der Weg dorthin „flach“ wäre - eine maßlose Untertreibung. Flach war der Weg nur eine halbe Stunde lang, dann ging es erst steil nach unten, über drei Brücken und dann ca. 1,5 Stunden ganz steil nach oben.  Am Gipfel angekommen mussten wir nochmal eine halbe Stunde auf der anderen Seite nach unten laufen um in das Taksindu Kloster zu kommen, in dem die Patenkinder wohnen.
Die Pateninder sind demnach Lamas und wirklich sehr süß und freundlich: sie luden uns in das Zimmer eines jungen Lamas auf ein paar Tassen Tee ein und nachdem wir die Fotos gemacht hatten und nochmal Tee getrunken haben, bekamen wir von jedem eine Khata. 


Wir verließen die Mönche jedoch recht schnell wieder da wir es ein  wenig eilig hatten: wir wollten eigentlich noch am selben Tag zurück nach Serlo laufen. Daraus wurde allerdings nichts, denn ca. 45 Minuten bevor wir die Mount Everest Lodge erreichten, in der wir unsere Sachen gelassen hatten, fing es wie aus Kübeln an zu regnen und wir wurden patsch nass. Also entschlossen wir, noch eine Nacht dort zu bleiben und liefen am nächsten Morgen frühzeitig los nach Junbesi.
Wir schafften es, dort vor Schulanfang anzukommen. Wir konnten die Schulkinder beobachten, wie sie sich in Reihen auf dem Schulhof aufstellten und Morgengymnastik zu den Klängen von Shakira’s „Waka Waka“ machten. Einer der Schüler machte die Dehnübungen vor und die ganzen Schüler, von ganz klein bis ganz groß, machten sie nach. 


Wir mussten auch dort zwei Kinder fotografieren und nach getaner Arbeit freuten wir uns auf unsere Rückkehr in Serlo und vor allem auf eine Dusche (ich muss gestehen, dass ich mich in den 2 Tagen, die wir unterwegs waren, nie geduscht hatte - so etwas wie eine Dusche gab es in der Mount Everest Lodge überhaupt nicht).

Es war auf jeden Fall eine tolle Erfahrung, die von medihimal unterstützten Schulen zu besuchen.
Die Kinder sind so süß und lieb und brauchen die Unterstützung wirklich! Durch medihimal wird ihnen ermöglicht, eine gute Schule, in der hauptsächlich in Englisch unterrichtet wird, zu besuchen.
Bei  Interesse  an einer Patenschaft wendet euch bitte an office@medihimal.org


Dienstag, 21. Juni 2011

Nepal Teil 4: Eine Milliarde Vajra Guru Mantras für Weltfrieden



Die 2 Wochen nach dem Dumji wurde ein rein Lama-Buddhistisches Fest, das Vajra Guru, abgehalten. Dabei beten fast alle Lamas der umliegenden Klöster, die  Einwohner des Dorfes und viele der umliegenden Dörfer zusammen das Bajra Guru-Mantra

OM A HUM VAJRA GURU PADMA SIDDHI HUM
(May this emanation reach all the beings on earth and bestow endless peace, merit and happiness)

eine Milliarde Mal. Das Ganze dauert 2 Wochen, evtl. länger. Für dieses Fest machten die Lamas in stundenlanger Handarbeit wunderschöne Tormas aus Butterteig . Leider werden diese Kunstwerke nicht aufgehoben sondern nach dem Festival zerstört als Erinnerung an die Unbeständigkeit des Lebens.
Ich selbst habe das Mantra an einem Tag 5500 Mal mit einer geliehenen Mala (Gebetskette) gebetet.


Am 12.5.11 wurde Dilgo Khyentse Yangsi Rinpoche, ein wichtiger Lama aus der Shechen Tennyi Dargyeling Gompa in Boudha/Kathmandu , mit dem Helikopter nach Junbesi eingeflogen. Ich wartete mit allen Mönchen, den Einwohnern und bestimmt allen Menschen aus den umliegenden Dörfern auf den Rinpoche. Es herrschte eine sehr aufgeregt-angespannte Stimmung, die mich absolut  in ihren Bann zog.  Die gläubige Menge stand bereits eine Stunde vor angekündigter Ankunft des Heli vom Heliport bis zum Kloster spalier.  


 Ich bekam eine Khata (Seidenschaal) in die Hand gedrückt, mit der ich später am Tag vom Rinpoche gesegnet werden sollte. Mit dieser stand ich im Klosterhof und erwartete mit Spannung seine Ankunft. Als der festliche Umzug mit viel Musik, Tamtam und Trara das Kloster erreichte wurde dem Rinpoche zu Ehren ein tibetischer „Schneelöwentanz“ aufgeführt. Das Ganze war sehr spektakulär und ich total begeistert. 


Im Laufe des Tages sah man den Rinpoche entweder auf Videoübertragung von Inneren des Tempels oder um den Tempel herum marschierend, wieder mit viel Tamtam und Trara.
Ganz zum Schluss wurde jeder der Anwesenden gesegnet, und das dauerte eine ganze Weile. 


Ich reihte mich mit meiner Khata natürlich auch ein, sowas wollte ich mir nicht entgehen lassen. Zu meiner großen Überraschung wurde ich nicht richtig gesegnet sondern der Rinpoche gab mir die Hand, fragte woher ich komme und sagte, dass es ihn sehr freut, mich kennen zu lernen. Ich war platt – was für eine Ehre!

Ein paar Tage später flog Thrulzig Rinpoche, ein weiterer wichtiger Lama aus Kathmandu, ein. Dieser ist bereits über 80 Jahre alt und gesundheitlich sehr angeschlagen. Dieses Spektakel, zu dem sogar noch mehr Menschen kamen, schauten Martin und ich uns von weiter oberhalb des Dorfes aus an. 


Das kleine Junbesi platzte schier aus allen Nähten, es waren über 4000 Besucher aus vielen umliegenden Dörfern und von weit her gekommen, nur um diesen wichtigen Lama für eine Stunde zu sehen.
Der Rinpoche ist wirklich bereits sehr gebrechlich, er wurde auf einem „Thron“ vom Hubschrauberlandeplatz  in den Tempel getragen, auch mit viel Tamtam und Trara, und ich war fasziniert, wie aufgeregt die Leute waren und sich beeilten, manchmal sogar rannten, um rechtzeitig zu seiner Ankunft vor Ort zu sein. Wie beim letzten Mal standen sie bereits über eine Stunde vor seiner Ankunft spalier. Zu seiner Ankunft gab es wieder viel Tamtam und Trara und jeder war in heller Aufregung. Es wurde eine „Puja“ abgehalten, bei der Essen wie tibetisches Brot, Kekse etc. gesegnet und anschließend an die Anwesenden verteilt wurde. Das Ganze war wieder überaus interessant. Was aber noch viel faszinierender war, war die absolute Ruhe und Betroffenheit, die nach seinem Abflug über dem Dorf lag. Manche Damen weinten sogar. Es wurde wohl vielen erst jetzt bewusst, dass der ältere Rinpoche nicht mehr lange zu leben hat. 


Aber eigentlich ist es gar nicht so schlimm, wenn ein Rinpoche stirbt.
Rinpoche heißt „wertvoller Meister“ und dieser Titel wird eigentlich nur reinkarnierten Meistern gegeben. Diese Meister werden freiwillig immer wieder in der selben Rolle wiedergeboren um die Lehre Buddha’s (Dharma) an die Menschheit weiterzugeben.  Der alte Rinpoche hat demnach den junge Rinpoche bereits in dessen vorherigem Leben gekannt. Und der junge Rinpoche wird nach dem Tod des alten Rinpoches dessen Reinkarnation finden, erkennen und unterrichten.
Irgendwie ganz schön „fantastisch“, oder?


Was auch sehr faszinierend für mich war, war die Versorgung der Vajra-Guru-Teilnehmer. Es wurde täglich für über 500 (manchmal sogar erheblich mehr) Menschen 3 Mal gekocht. Morgens gab es immer Tsampa, Mittags erstaunlich schmackhaftes Dhaal Bhaat und Abends nochmal ein Gericht mit Reis und Kartoffeln. Zwischendurch wurde immer wieder der obligatorische Tee (entweder Milchtee, manchmal auch Buttertee) ausgeschenkt. Ich finde, für die einfachen Mittel, die sie hier haben, lief alles extrem Reibungslos und gut organisiert ab. Die Leute, die für das Essen und den Tee sorgten waren noch dazu alles Volunteers aus Junbesi.

Nach den 14 Tagen haben es alle zusammen allerdings geschafft, etwas über eine Milliarde „Vajra Gurus“ zu mantraen!