Die 2 Wochen nach dem Dumji wurde ein rein Lama-Buddhistisches Fest, das Vajra Guru, abgehalten. Dabei beten fast alle Lamas der umliegenden Klöster, die Einwohner des Dorfes und viele der umliegenden Dörfer zusammen das Bajra Guru-Mantra
OM A HUM VAJRA GURU PADMA SIDDHI HUM
(May this emanation reach all the beings on earth and bestow endless peace, merit and happiness)
eine Milliarde Mal. Das Ganze dauert 2 Wochen, evtl. länger. Für dieses Fest machten die Lamas in stundenlanger Handarbeit wunderschöne Tormas aus Butterteig . Leider werden diese Kunstwerke nicht aufgehoben sondern nach dem Festival zerstört als Erinnerung an die Unbeständigkeit des Lebens.
Ich selbst habe das Mantra an einem Tag 5500 Mal mit einer geliehenen Mala (Gebetskette) gebetet.
Am 12.5.11 wurde Dilgo Khyentse Yangsi Rinpoche, ein wichtiger Lama aus der Shechen Tennyi Dargyeling Gompa in Boudha/Kathmandu , mit dem Helikopter nach Junbesi eingeflogen. Ich wartete mit allen Mönchen, den Einwohnern und bestimmt allen Menschen aus den umliegenden Dörfern auf den Rinpoche. Es herrschte eine sehr aufgeregt-angespannte Stimmung, die mich absolut in ihren Bann zog. Die gläubige Menge stand bereits eine Stunde vor angekündigter Ankunft des Heli vom Heliport bis zum Kloster spalier.
Ich bekam eine Khata (Seidenschaal) in die Hand gedrückt, mit der ich später am Tag vom Rinpoche gesegnet werden sollte. Mit dieser stand ich im Klosterhof und erwartete mit Spannung seine Ankunft. Als der festliche Umzug mit viel Musik, Tamtam und Trara das Kloster erreichte wurde dem Rinpoche zu Ehren ein tibetischer „Schneelöwentanz“ aufgeführt. Das Ganze war sehr spektakulär und ich total begeistert.
Im Laufe des Tages sah man den Rinpoche entweder auf Videoübertragung von Inneren des Tempels oder um den Tempel herum marschierend, wieder mit viel Tamtam und Trara.
Ganz zum Schluss wurde jeder der Anwesenden gesegnet, und das dauerte eine ganze Weile.
Ich reihte mich mit meiner Khata natürlich auch ein, sowas wollte ich mir nicht entgehen lassen. Zu meiner großen Überraschung wurde ich nicht richtig gesegnet sondern der Rinpoche gab mir die Hand, fragte woher ich komme und sagte, dass es ihn sehr freut, mich kennen zu lernen. Ich war platt – was für eine Ehre!
Ein paar Tage später flog Thrulzig Rinpoche, ein weiterer wichtiger Lama aus Kathmandu, ein. Dieser ist bereits über 80 Jahre alt und gesundheitlich sehr angeschlagen. Dieses Spektakel, zu dem sogar noch mehr Menschen kamen, schauten Martin und ich uns von weiter oberhalb des Dorfes aus an.
Das kleine Junbesi platzte schier aus allen Nähten, es waren über 4000 Besucher aus vielen umliegenden Dörfern und von weit her gekommen, nur um diesen wichtigen Lama für eine Stunde zu sehen.
Der Rinpoche ist wirklich bereits sehr gebrechlich, er wurde auf einem „Thron“ vom Hubschrauberlandeplatz in den Tempel getragen, auch mit viel Tamtam und Trara, und ich war fasziniert, wie aufgeregt die Leute waren und sich beeilten, manchmal sogar rannten, um rechtzeitig zu seiner Ankunft vor Ort zu sein. Wie beim letzten Mal standen sie bereits über eine Stunde vor seiner Ankunft spalier. Zu seiner Ankunft gab es wieder viel Tamtam und Trara und jeder war in heller Aufregung. Es wurde eine „Puja“ abgehalten, bei der Essen wie tibetisches Brot, Kekse etc. gesegnet und anschließend an die Anwesenden verteilt wurde. Das Ganze war wieder überaus interessant. Was aber noch viel faszinierender war, war die absolute Ruhe und Betroffenheit, die nach seinem Abflug über dem Dorf lag. Manche Damen weinten sogar. Es wurde wohl vielen erst jetzt bewusst, dass der ältere Rinpoche nicht mehr lange zu leben hat.
Aber eigentlich ist es gar nicht so schlimm, wenn ein Rinpoche stirbt.
Rinpoche heißt „wertvoller Meister“ und dieser Titel wird eigentlich nur reinkarnierten Meistern gegeben. Diese Meister werden freiwillig immer wieder in der selben Rolle wiedergeboren um die Lehre Buddha’s (Dharma) an die Menschheit weiterzugeben. Der alte Rinpoche hat demnach den junge Rinpoche bereits in dessen vorherigem Leben gekannt. Und der junge Rinpoche wird nach dem Tod des alten Rinpoches dessen Reinkarnation finden, erkennen und unterrichten.
Irgendwie ganz schön „fantastisch“, oder?
Was auch sehr faszinierend für mich war, war die Versorgung der Vajra-Guru-Teilnehmer. Es wurde täglich für über 500 (manchmal sogar erheblich mehr) Menschen 3 Mal gekocht. Morgens gab es immer Tsampa, Mittags erstaunlich schmackhaftes Dhaal Bhaat und Abends nochmal ein Gericht mit Reis und Kartoffeln. Zwischendurch wurde immer wieder der obligatorische Tee (entweder Milchtee, manchmal auch Buttertee) ausgeschenkt. Ich finde, für die einfachen Mittel, die sie hier haben, lief alles extrem Reibungslos und gut organisiert ab. Die Leute, die für das Essen und den Tee sorgten waren noch dazu alles Volunteers aus Junbesi.
Nach den 14 Tagen haben es alle zusammen allerdings geschafft, etwas über eine Milliarde „Vajra Gurus“ zu mantraen!
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