Nach dem Vajra-Guru Trubel nutzen Martin und ich die Gelegenheit, mit Dawa, einem jungen Mann aus Junbesi mit dem ich mich sehr gut verstand, nach Phaplu zu laufen um endlich mit unserer Arbeit für medihimal durchzustarten.
Wir sollten ein paar Schulen in den „umliegenden“ Dörfern Salleri, Chialsa, Garma und Bhitakharka besuchen, um Fotos von den Patenkindern zu machen. Außerdem sollten wir herausfinden, ob das Geld ankommt und wie es verwendet wird.
Der Weg zurück nach Phaplu stellten sich als weniger anstrengend heraus als der Hinweg, wir liefen aber trotzdem fast 5 Stunden bergauf und bergab.
Wir dachten, dass wir nach dem etwas eintönigen Klosteressen nun endlich mal was anderes essen würden als Sherpa Stew, Daal Bhaat und Momos. Am Ende aßen wir jedoch jeden Tag Sherpa Stew, Dhaal Bhaat und Momos und vermissten das Kloster recht bald wieder.
Der erste Tag unserer Arbeit war ein Freitag und wir erfuhren unterwegs, dass die Schulen an diesem Tag nur bis 1 Uhr geöffnet haben. Da die Schulen auch erst um 10 Uhr öffnen, da machen Kinder sehr lange und beschwerliche Schulwege haben, blieb uns nicht sehr viel Zeit. Wir machten uns zum Ziel, die Schule in Salleri und die im eine Stunde entfernten Chialsa zu erledigen.
Leider war uns nicht bewusst, das Salleri doch ein größeres Dorf ist und die Schule recht weit unten lag. Als wir sie schließlich fanden, war es schon recht spät. Der Direktor der Schule war jedoch sehr nett und trommelte die Kinder für uns zusammen.
Leider stellten wir fest, dass die Liste, die wir von medihimal bekommen haben nicht mit der Liste des Direktors übereinstimmt. Also forderten wir später per Mail eine aktuelle Liste an.
Als wir nach Chialsa aufbrachen war es bereits 11:30 Uhr und wir beeilten uns, den recht steilen, unwegsamen Weg zu erklimmen. Auf halber Strecke fing es plötzlich an zu gießen wie aus Eimern und wir entschlossen, in einem Teehaus zu warten. Die Jungs tranken Chang und Rakschi (lokale alkoholische Getränke), ich Milchtee. Als der Regen endlich nachließ, war es schon nach ein Uhr und wir kehrten unverrichteter Dinge nach Salleri zurück, um in einem lokalen „Restaurant“ hausgemachten Büffelmomos zu essen.
Am darauffolgenden Tag war Samstag und Schulfrei aber auch Markttag in Phaplu. Der Markt war aber nicht wirklich in Phaplu sondern in Salleri, und zwar am ganz anderen Ende. Warum jeder immer sagt, dass der Markt in Phaplu wäre, verstehe ich nicht.
Auf dem Markt gibt es zwischen Klamotten und allerlei Krimskrams vor allem frisches Obst, Gemüse und (lebende) Hühner. Auf dem Weg zum Markt kamen uns scharenweise Menschen bepackt mit Obst und Gemüse für eine Woche und Hühner, die sie einfach so im Arm trugen, entgegen.
Wir ergatterten Bananen, Mangos und Äpfel (eine Rarität hier oben in den Bergen) und ein Glas Erdnussbutter.
Dawa verließ uns an diesem Tag. Der Arme musste 2 Tage lang um seinen Flug nach Kathmandu bangen und als wir vom Markt zurück kamen, war zwar das Flugzeug gelandet aber es war immer noch nicht klar ob er nun fliegen würde, da die Sicht auf einmal ganz schlecht wurde und die Wolken extrem tief hingen. Die Piloten hatten sich zum Tee trinken zurück gezogen und die Passagiere warteten geduldig auf besseres Wetter.
Als sich die Wolken für 10 Minuten lichteten, hob die Maschine 5 Stunden verspätet ab.
Das ist allerdings keine Seltenheit in Phaplu. Da die Piloten grundsätzlich auf Sicht fliegen und die Wolken wegen der Höhe oft sehr tief hängen, kommen manchmal überhaupt keine Flüge an oder sie können nicht starten. Da in einer Maschine nur 20 Personen Platz haben, warten oftmals sehr viele Leute tagelang auf einen Flug . Noch dazu kommt, dass (westliche) Touristen Vorrang vor den Einheimischen haben, da sie fast 60% mehr für ihren Flug bezahlen.
Am Sonntag verließen wir Phaplu und machten uns auf den Weg nach Chialsa. Vorher luden wir jedoch die aktualisierte Patenkinderlisteaus, die wir per E-Mail erhalten hatten, herunter. Dafür veranschlagten wir 15 Minuten, am Ende brauchten wir wegen der schlechten Internetverbindung jedoch 3 Stunden. Wir brachen somit viel zu spät nach Chialsa auf. Als wir dort ankamen wurde uns gesagt, dass der Direktor mit vielen Schülern von unserer Liste in Salleri ist, um Bücher zu holen. Somit machte es überhaupt nichts, dass wir später angekommen sind. Wir erfuhren auch, dass diese Schule am Freitag nur bis 12 Uhr offen hat. Somit mussten wir dem Regen von Freitag richtig dankbar sein.
Nachdem wir die Schüler abgeknipst hatten, gingen wir auf einem wunderschönen Weg über eine Heide nach Garma. Dies war zwar nicht der richtige Weg und recht abenteuerlich, aber dennoch ein sehr schönes Erlebnis.
Wegen unseres Verzuges am Vormittag kamen wir genau zum Schulschluss um 4 Uhr in Garma an. Wir trafen die Lehrer einer der 2 Schulen, die wir dort besuchen sollten, und diese führten uns zur einzigen Lodge des Dorfes, die auch noch zufällig Sonam Sherpa’s Eltern gehört. Sonam ist zum Einen der junge Mann, der mir in Kathmandu mit dem Flug geholfen hat und zum Anderen Mitarbeiter von medihimal in Kathmandu und zuständig für die ganzen Dörfer, die wir besuchen sollen.
Da wir keine Zeit und Gelegenheit für ein Mittagessen hatten, waren wir extrem hungrig und konnten das Abendessen kaum abwarten. Wir mussten uns aber bis kurz vor 9 Uhr gedulden, denn das Essen wurde erst nach dem Stromausfall, der täglich von halb 8 bis halb 9 stattfindet, serviert.
So saßen wir eine Stunde bei Kerzenlicht im Essensraum und unterhielten uns mit einem weiteren Gast aus Kathmandu, der für den Bau einer Straße in Garma eingesetzt war. Wir erfuhren, dass er u.a. einmal für Walterbau bearbeitet hatte.
Am nächsten Morgen wurden wir von einer Lehrerin in der Lodge abgeholt und liefen zusammen zur Grundschule. Dort unterhielten wir uns recht lange mit dem Schulleiter und den Lehrern. Nachdem wir die jungen Schüler fotografiert hatten, bekamen wir noch Tee und Kekse und von jedem Lehrer eine Khata zum Abschied.
Einer der Lehrer begleitete uns zur nächsten Schule, die recht weit unten lag. Dort hatten wir über 40 Schüler zu fotografieren. Die Schule beherbergt allerdings Waisen- und gehörlose Kinder und für letztere gibt es eine eigene Klasse mit ausgebildetem Lehrer. Vor allem diese zwei Projekte unterstützt medihimal dort mit Patenschaften.
Auch dort bekamen wir Tee, wir unterhielten uns ein wenig mit dem Direktor und den Lehrern und bekamen von allen Schülern zum Abschied Khatas.
Bepackt mit Unmengen von Khatas machten wir uns auf den Weg nach Bithakharka. Dieses Dorf liegt auf der anderen Seite des Tals und relativ hoch. Beim Abstieg verfehlten wir eine Abzweigung und irrten zwischen Gemüsefeldern umher bis uns einen nette Sherpafrau mit Händen und Füssen zu verstehen gab, dass wir den Berg wieder hoch und etwas weiter drüben wieder runter klettern müssen. Als wir die Brücke überquerten, die uns auf die andere Talseite führte, hängten wir dort alle Khatas auf. Khatas sollen Glück bringen und in diesem Fall für eine sichere Reise sorgen. Deshalb bekommt man diese grundsätzlich zum Abschied.
Auf der anderen Seite ging es richtig steil bergauf, immer höher und höher. Es war richtig anstrengend und wir wussten überhaupt nicht, ob wir richtig waren - hier im Solu Khumbu gibt es ja nirgendwo Wegweiser o.ä. und wenn, wie diesmal, weit und breit keine Menschenseele zu sehen ist, muss man sich auf sein Gefühl verlassen. Ich hatte irgendwie gar kein gutes Gefühl und dachte den ganzen Aufstieg lang, dass wir bestimmt falsch waren, umkehren und irgendwo anders nochmal hochsteigen müssen. Wir waren aber so ungefähr richtig und nach nur einemklitzekleinen Umweg fanden wir die Schule, die tatsächlich ganz oben lag. Die Schulleiterin der Grundschule fragte uns verwundert, wie wir die Schule ohne Guide gefunden hatten…
Auch dort bekamen wir nach getaner Arbeit eine Khata zum Abschied.
Nun ging es zurück nach Phaplu, erst moderat und dann recht steil bergab und über eine weitere Brücke wieder auf die andere Talseite. Dort erwartete und ein extrem steiler und anstrengender Aufstieg.
Ich muss vielleicht erwähnen, dass dies der Schulweg von manchen Kindern ist und ich glaube, wenn ich dort aufgewachsen wäre, hätte ich täglich die Schule geschwänzt.
Als wir nach einem langen, anstrengenden und doch erfolgreichen Tag in Phaplu ankamen, wollten wir eigentlich nichts weiter als eine Dusche, eine warme Mahlzeit (da wir wieder kein Mittagessen hatten) und ein Bett. Ich glaube, ich war selten in meinem Leben so verschwitzt, hungrig und müde.
Am nächsten Tag verließen wir Phaplu und liefen in „Rekordzeit“ (3,5 Stunden) zurück nach Junbesi, wo wir uns als Belohnung für die „Strapazen“ der letzten Tage einen Snikerspie im Namaste Guesthouse gönnten.
Ein paar Tage später, als für uns der Unterricht wegen Arbeiten die die Mönche zu verrichten hatten, ausfiel, entschieden Martin und ich spontan, die Patenkinder in Taksindu zu besuchen.
Auf dem Weg dorthin, der immer schön steil nach oben geht, liegt ein kleines Dorf mit 3 Häusern, die alle ein „Mount Everest View Hotel/Sherpa Lodge“ sind. Von diesem Dorf aus kann man mit ganz viel Glück das Mount Everest Panorama und auch den Gipfel der Welt selbst sehen.
Auf dem Weg zu diesem Dorf kamen wir so hoch (oder die Wolken so tief) dass wir buchstäblich über den Wolken waren.
Vom Mount Everest sahen wir jedoch zunächst nichts. Die schwere Wolkendecke verdeckte die Sicht komplett. Die Besitzer der Mount Everest View Sherpa Lodge, in der wir übernachteten, waren sehr lustige Leute. Sie setzen sich immer auf das Dach des Toilettenhäuschens und beobachteten die Menschen auf der anderen Talseite mit einem riesigen Fernglas. Außerdem spielte der Besitzer mit uns Carambol, ein lokales Spiel, welches Martin aus Indien her kannte.
Am nächsten Morgen weckte uns das Ehepaar um halb 6, denn der Blick auf das Panorama und den Mount Everest war komplett frei. So kam es, dass ich den Mount Everest, wenn auch aus weiter Ferne, bewundern konnte. Nach einer halben Stunde versperrte die Wolkendecke wieder die Sicht.
Wir liefen früh los in das immer noch 4 Stunden entfernte Taksindu. Die Sherpas sagten uns, dass der Weg dorthin „flach“ wäre - eine maßlose Untertreibung. Flach war der Weg nur eine halbe Stunde lang, dann ging es erst steil nach unten, über drei Brücken und dann ca. 1,5 Stunden ganz steil nach oben. Am Gipfel angekommen mussten wir nochmal eine halbe Stunde auf der anderen Seite nach unten laufen um in das Taksindu Kloster zu kommen, in dem die Patenkinder wohnen.
Die Pateninder sind demnach Lamas und wirklich sehr süß und freundlich: sie luden uns in das Zimmer eines jungen Lamas auf ein paar Tassen Tee ein und nachdem wir die Fotos gemacht hatten und nochmal Tee getrunken haben, bekamen wir von jedem eine Khata.
Wir verließen die Mönche jedoch recht schnell wieder da wir es ein wenig eilig hatten: wir wollten eigentlich noch am selben Tag zurück nach Serlo laufen. Daraus wurde allerdings nichts, denn ca. 45 Minuten bevor wir die Mount Everest Lodge erreichten, in der wir unsere Sachen gelassen hatten, fing es wie aus Kübeln an zu regnen und wir wurden patsch nass. Also entschlossen wir, noch eine Nacht dort zu bleiben und liefen am nächsten Morgen frühzeitig los nach Junbesi.
Wir schafften es, dort vor Schulanfang anzukommen. Wir konnten die Schulkinder beobachten, wie sie sich in Reihen auf dem Schulhof aufstellten und Morgengymnastik zu den Klängen von Shakira’s „Waka Waka“ machten. Einer der Schüler machte die Dehnübungen vor und die ganzen Schüler, von ganz klein bis ganz groß, machten sie nach.
Wir mussten auch dort zwei Kinder fotografieren und nach getaner Arbeit freuten wir uns auf unsere Rückkehr in Serlo und vor allem auf eine Dusche (ich muss gestehen, dass ich mich in den 2 Tagen, die wir unterwegs waren, nie geduscht hatte - so etwas wie eine Dusche gab es in der Mount Everest Lodge überhaupt nicht).
Es war auf jeden Fall eine tolle Erfahrung, die von medihimal unterstützten Schulen zu besuchen.
Die Kinder sind so süß und lieb und brauchen die Unterstützung wirklich! Durch medihimal wird ihnen ermöglicht, eine gute Schule, in der hauptsächlich in Englisch unterrichtet wird, zu besuchen.
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