Von Lumbini nach Pokhara
Die Busfahrt nach Lumbini war sehr schön. Die Leute waren einfach absolut nett und sehr kommunikativ. Ich habe erst mit einem Michael Jackson- und Nepali-Style Tänzer geredet, der in ein Mädel aus Pokhara total verliebt ist, sie aber leider nicht heiraten kann, weil sie Christin ist und er Hindu. Seine Eltern würden die Verbindung nie für gut heißen. Nachdem er ausgestiegen war setzte sich ein „Fake-Nepali“ neben mich (ich war mir absolut sicher, dass er Inder ist) der auch noch ein absoluter Hindu-Fanatiker war und mich zuerst über Hinduismus aufklärte und dann mit mir diskutierte, warum ich als Frau nicht alleine Reisen könne. Nachdem ich umgestiegen war lernte ich Baba, den Lastwagenfahrer kennen der jeden Tag von Lumbini nach Pokhara oder andersrum fährt. Ich erfuhr, dass er zwei Töchter und einen Sohn hat und grundsätzlich lieber nachts fährt als tagsüber und dass die Strecke sehr viel Konzentration erfordert weil sie über eine kurvige Bergstraße führt. Der liebe Baba zahlte mir am Ende sogar meine Busfahrt.
In Lumbini war es sogar noch heißer als im Chitwan und ich war nach kürzester Zeit total durchgeschwitzt. Ich machte mich sofort auf den Weg zum berühmten Bodhi-Baum, unter dem Königin Maya Devi den Buddha (Siddhartha Gautama) zur Welt brachte, nachdem sie in einem kleinen Weiher gebadet hatte.
Um den Baum herum befinden sich einige Stupa-Ruinen, die „Maya-Devi-Tempel“-Ruine und die Ashokan-Säule. Die komplette Anlage gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Nördlich der Anlage befinden sich Stupas und Klöster aus aller Welt, errichtet zu Ehren der Geburtsstätte des Buddha. Diese besuchte ich am nächsten Tag mit einem Fahrrad, da sie recht weit auseinander liegen. Die meisten Anlagen waren jedoch geschlossen und ich fand das Ganze recht unübersichtlich.
Ich war recht enttäuscht von Lumbini. Es erinnerte mich sehr an Indien (es liegt ja auch ganz nah an der Grenze zu Indien), nicht nur wegen der unerträglichen Hitze sondern weil mich mal wieder ein paar indische Touristen nach einem Foto fragten und die Leute so gar nicht mit sich handeln ließen.
Nachdem ich die Stupas und Klöster besichtigt hatte packte ich meine sieben Sachen und verließ Lumbini fast fluchtartig.
Mein Weg führte mich nach Tansen, ein kleines Örtchen in das sich bisher wohl nocht nicht so viele Touristen verirrt haben.
Dort war es auch sehr warm, aber um einiges angenehmer als in Lumbini, die Leute waren absolut freundlich und hilfsbereit und außer mir waren nur zwei weitere (deutsche) Touristen da. Es gibt keine Souvenirläden, kaum Hotels, niemand „zerrt“ einen in sein Geschäft oder versucht einem irgendwas anzudrehen, es gibt keine Rickshaws, keine Tuktuks. Der ganze Ort ist sehr authentisch und charmant. Mir viel auf, dass die Jungs und Mädels hier sehr stylisch herumlaufen, ich sprach mit einigen Jugendlichen und sie haben alle „Boyfriends“ und „Girlfriends“ (was recht untypisch ist für Nepal), auch die Architektur war um einiges schöner und moderner als in anderen Orten.
Es gibt auch einige schöne Wanderrouten in der Gegend. Eine nahm ich mir vor, machte sie aber auf Grund der Hitze am Nachmittag und meiner eigenen Faulheit nicht. Ich entspannte ein wenig im Schatten neben einer Buddhastatue oberhalb des Ortes mit einem guten Buch und ließ die Seele baumeln.
Irgendwann gesellten sich ein paar junge Männer zu mir, die mich richtig ausquetschten und ich unterhielt mich sicher zwei Stunden mit ihnen. Danach erkundete ich ein bisschen das Dorf und bekam am Abend zwei Mitbewohnerinnen in mein riesiges Zimmer. Die beiden sind auch Deutsche und wollten einfach lieber ein Zimmer teilen als irgendwo anders unterzukommen – was ich vollkommen verstehen kann. Manmohan, der Besitzer des Homestay in den im untergekommen war und auch Initiator der Touristenorganisation GETUPS, ist wirklich sehr nett und hilfsbereit und seine Zimmer laden zum länger bleiben ein.
Ich verließ Tansen trotzdem nach zwei Tagen mit den zwei Deutschen die schon länger dort waren und wir fuhren zusammen nach Pokhara. Dort zogen wir nach Lakeside 6/Kahare, was ein wenig weiter weg vom großen Touristentrubel liegt und fanden alle eine schöne Unterkunft, die unseren jeweiligen Ansprüchen gerecht wurde.
Mir ging es leider in der Nacht nicht gut, ich übergab mich mehrmals und ließ somit den ersten Tag in Pokhara ganz langsam angehen. Da ich mich aber soweit wieder gut fühlte, wollte ich am kommenden Tag unbedingt die Wanderung nach Sarangkot mitmachen.
Sarangkot liegt auf einem Berg in der Nähe von Lakeside und auf dessen Gipfel hat man unter Umständen einen wunderbaren Blick über Pokhara, den See, aber vor allem auf die Annapurna-Bergkette. Mir ging es leider doch nicht ganz so gut wie gedacht und mir viel es ziemlich schwer, den Gipfel in der schwülen Hitze zu erklimmen, schaffte es aber trotzdem. Meine Begleiter Kerstin und Frank waren wirklich großartig, wir machten andauernd Pausen damit ich mich ein wenig sammeln konnte und wir brauchten deswegen den gesamten Tag. Auf dem Gipfel sahen wir leider nur eine dicke Wolkendecke, in der sich ab und zu ein kleines „Fenster“ öffnete und einen Teil des sich dahinter verbergenden Bergmassivs freigab. Der Blick auf Pokhara und den See auf der anderen Seite war jedoch fantastisch.
Wir drei unternahmen auch einen Ausflug zum tibetischen Flüchtlingslager und zur dazugehörigen Jangchub Choeling Gompa, in der wir uns das Chanting der Lamas anhörten. Mich erinnerte das Ganze an meine wunderschöne Zeit in Serlo und ich war so überwältigt von meinen Gefühlen, dass mir die Tränen kamen.
Im tibetischen Camp kaufte ich mir endlich eine eigene „Mala“, die ich seither nur zum Schlafen abgenommen habe. Auch versuche ich, neue Mantras zu lernen.
Am Tag bevor der große Regen kam, der Pokhara tagelang nicht losließ, unternahm ich mit Kerstin eine schöne Wanderung „um den See“. Wir besuchten ein Kinderheim auf dem Weg und die Kinder dort waren einfach zum niederknien süß.
Einer der Mitarbeiter nahm sich richtig viel Zeit, zeigte und erklärte und alles und wollte zur Abwechslung mal keine Spende. Er meinte, ihnen ginge es durch eine deutsche NGO, die sie unterstützt, sehr gut und wir sollen unser Geld lieber in andere, weniger gut gestellte Projekte stecken. Ich war wirklich angenehm überrascht von seiner Einstellung und auch vom gut geführten und organisierten Waisenhaus selbst.
In meiner Zeit in Pokhara durfte ich noch ein weiteres Waisenhaus im Auftrag von medihimal besuchen. Dieses steht, im Vergleich zum gerade erwähnten, gar nicht gut da und sie brauchen dringend Unterstützung. Ich sollte mir ein Bild von der Lage dort machen und herausfinden, ob eine Spende dort sinnvoll genutzt werden könnte (was absolut der Fall ist). Außerdem sollte ich ein paar Taschen aussuchen, die dort per Hand hergestellt werden, damit medihimal das Waisenhaus durch den Verkauf der Handarbeiten auf dem Tollwood unterstützen kann.
Die darauffolgenden Tage kam der große Regen. Es regnete fast ununterbrochen, eine dicke Wolkendecke lag über der Stadt und hielten mich dort „gefangen“, denn ich wollte nicht unbedingt nach dem tagelangem Dauerregen über die mir bereits bekannte und wahrscheinlich gefährlich durchweichte Bergstraße fahren und somit harrte ich geduldig aus.
Nach einigen Tagen verzogen sich die Wolken und Kerstin, Frank und ich unternahmen eine Wanderung zur „World Peace Pagoda“ auf der anderen Seeseite, welche wir mit einem Boot erreichten. Auf dem See spiegelten sich an diesem Tag die weißen Wattewölkchen wieder.
Die Pagoda, die man über einen schönen, aber steilen Weg durch den Wald erreicht, ist ein Geschenk von Japan und von dort hat man einen wunderschönen Blick über den See, die Stadt und eigentlich auch die Annapurna-Bergkette (wenn sie nicht von Wolken verhangen ist). Wir haben mal wieder nur einen kleinen Bergzipfel gesehen.
Nachdem ich ein paar Mantras gebetet hatte liefen wir auf einen kleine Hügel, auf dem ganz viele Gebetsflaggen im Wind flatterten. Ich brachte auch wieder eine an und danach machten wir uns auf den Rückweg. Wir liefen auf einem anderen Weg zurück und kamen an den „Devi’s Falls“ vorbei. Dieser Wasserfall war wirklich sehr beeindruckend und auch extrem laut und reißend nach dem tagelangen Regen.
Eigentlich hatten wir vor, die Nacht in Sarangkot zu verbringen um eventuell doch noch einen Blick auf die Annapurna’s werfen zu können, aber wir kamen recht spät und total erledigt von unserer Wanderung zurück ,sodass wir uns nur noch in unser „Stammlokal“, das Heman’s, setzten und uns das tolle Wolken- und Farbspiel um den See herum anschauten.
Wir dachten, dass wir am nächsten Morgen ganz früh nach Sarangkot aufbrechen könnten, aber der Dauerregen, der die ganze Nacht und den darauffolgenden Tag beherrschte, machte uns einen Strich durch die Rechnung und wir verbrachten noch einen ganz relaxten Tag in Pokhara.
Bandipur
Kerstin und ich verließen Pokhara in wirklich strömendem Regen und nahmen einen frühen Bus nach Bandipur, ein museumartiges Newaristädtchen ca. 2 Stunden von Pokhara. Die Stadt selbst ist wirklich sehenswert. Sie wurde anscheinend nur für den Tourismus herausgeputzt und hat trotzdem einen ganz besonderen Charme. Außerdem war es absolut ruhig, weil es keine richtige Straße und daher weder Autos noch Motorräder gibt.
Wir machten uns gleich nach der Ankunft auf um die Stadt zu erkunden und fanden ganz tolle Plätze wir zB einen Waschplatz etwas unterhalb des Dorfes, an dem nicht nur Körper und Kleider gewaschen, sondern auch die Frischwasservorräte aufgefüllt werden. Viele Frauen trugen das Wasser literweise nach Hause, denn die meisten Häuser dort haben kein fließend Wasser. Wir fanden auch einen ganz tollen Aussichtspunkt, von dem aus man auch die Annapurna’s sehen könnte, sie waren aber mal wieder von Wolken verhangen. Der Ausblick über das Tal war aber trotzdem wunderschön.
Der nächste Tag war mal wieder verregnet und ich habe wirklich noch nie solche Sturzbäche eine Straße entlang fließen sehen. Der Tag war mal wieder sehr relaxt, wir kletterten nur auf einen kleinen Hügel in der Nähe, um die Aussicht zu genießen.
Der darauffolgende Tag versprach aber richtig schön zu werden, und so war es auch. Wir unternahmen eine tollen Wanderung an einem zwar recht rutschigen aber wunderschönen Pfad entlang, der uns in ein richtig authentisches Newaridorf führte. Dort war uns, als wäre die Zeit stehengeblieben. Die Leute leben wirklich ganz einfach in Lehmhütten, abgeschottet von den meisten westlichen Einflüssen und weit entfernt von jeglichem (Straßen-)Lärm. Mir gefiel das Dorf ausnehmend gut, aber diesmal gefiel mir der Weg fast noch besser als das Ziel.
Es gab so viel zu sehen und entdecken, so viele unterschiedliche Insekten, Pflanzen und Gesteinsformationen und die Aussicht war einfach traumhaft.
Nach drei Tagen verließen wir die Museumstadt Bandipur und fuhren ins nahegelegene Gorkha.
Gorkha
Gorkha ist eine Pilgerstadt für Newars und der Geburtsplatz des Königs Prithvi Narayan Shah, der dort einen wichtigen Palast baute. Heute ist der Gorkha Durbar, der Geburtsplatz des Königs und Fort, Palast und Tempel in einem, eine wichtige Anlaufstelle für die Pilger. Wir besuchten diesen heiligen Platz natürlich auch und hatten sehr viel Glück, denn an genau diesem Tag waren viele Pilger mit Ziegen, Hühner und anderen Opfertieren unterwegs, um diese zu ehren der blutdurstigen Göttin Kali zu opfern.
Zuerst mussten wir 1500 Stufen erklimmen. Auf dem Weg wurde alles verkauft, was man für die Opferrituale braucht: bunte Bänder, Früchte, Kokosnüsse, Wasser, Schiffchen mit Reis, Blumen, Joghurt und Farbe und einiges mehr. Oben angekommen beobachteten wir die Leute, wie sie geduldig mit ihren Tieren vor dem Tempel warteten, bis das Ritual begann.
In den verschiedenen Tempeln wurden Pujas abgehalten, bei denen die Frauen, Männer und Kinder ihre mitgebrachten Opfergaben und Räucherstäbchen verbrannten, Reis, Joghurt und Farbe mischten, die Statuen der Götter damit beschmierten und danach selbst eine Tika (Fleck auf der Stirn der das dritte Auge darstellt) von einem der Sadhus (Hinduprister) bekamen. Gegen halb zwei stellten sich die Leute mit ihren Opfertieren in einer Reihe auf, verschwanden im großen Tempel und zerrten die kopflosen Tieren wenig später wieder heraus. Den noch zuckenden Kadaver zogen sie dann ein paar Runden um einen im Hof stehenden Holzpfahl und trugen ihn dann zurück in die Stadt um ihn dort zu verarbeiten und zu verzehren. Der Boden um den Tempel herum klebte nach kürzester Zeit von tiefrotem Blut.
Ganz liebe Nepalis klärten uns ein wenig über die Rituale auf und wir fanden heraus, dass nur männliche, am besten junge Tiere geopfert werden.
Das ganze Ritual klingt recht verstörend, aber dadurch, dass wir so nett aufgeklärt wurden und die Leute auch sehr lieb mit ihren Tieren umgegangen sind, fand ich es fast schon so natürlich, wie es für die Pilger war. Auch waren wir die einzigen Touristen an diesem Tag und ich war sehr überrascht, dass sich niemand von uns gestört fühlte, im Gegenteil begegneten uns die Leute mit einer natürlichen Neugierde. Das war nicht nur im Tempel so sondern auch in der ganzen Stadt. Überall begrüßten uns die Leute mit „Namaste“ und manche fragten und auch ein bisschen aus. Im Gegenzug erfuhren wir auch viel über sie und ihr Leben.
Nach zwei erlebnisreichen Tagen in Gorkha machten Kerstin und ich uns auf nach Bkaktapur.
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