Delhi
Mein erster Ausflug in Delhi war zum Qutub Minar mit Ramesh. Die Anlage ist wunderschön und sehr alt. Wir hatten einen Audioguide. Dieser ist aufgebaut wie ein Rollenspiel für Kinder und sehr lustig. Man lernt auch einiges über die Geschichte. Ich war sehr beeindruck. In der Anlage gibt es auch viele Vögel, vor allem Papageien und die Sonne wird immer mal wieder bedeckt von landenden oder startenden Flugzeugen.
Später fuhren wir mit der Metro weiter nach Old Delhi, das pulsierende Herz der Stadt. Delhi ist im allgemeinen sehr laut, der Verkehr ist abartig, die Fahrzeuge – egal ob Autos, Motorräder oder Tuktuks - hupen die ganze Zeit mit oder ohne Grund. Die Straßen sind dreckig und staubig, alle fahren und laufen wie es ihnen gerade passt. Zwischendrin wühlen ein paar Schweine im Müll der überall rumliegt. Old Delhi setzt dem ganzen noch einen drauf. Alles ist nochmal um einiges schlimmer. Zusätzlich lagen ein paar Menschen auf der Straße, ich bin mir nicht sicher, ob sie dort geschlafen haben (was bei der Lautstärke eigentlich unmöglich scheint) oder ob sie einfach tot waren. Bewegt haben sie sich definitiv nicht.
Das Red Fort ist sehr beeindruckend von außen, von innen aber eigentlich nichts besonderes. Es gibt allerdings immer Preise für Ausländer und für Einheimische. Der Preis für Ausländer um einiges höher, aber immer noch nicht dramatisch.
Manche Inder machten heimlich Fotos von mir, ein paar fragten Ramesh, ob sie ein Foto mit mir machen dürften, er sagte aber immer nein, was sehr gut war.
Auf der Heimfahrt in der Metro starrten mich die Inder unverfroren an, ich kam mir ein wenig vor wie ein Tier im Zoo. Es gibt zwar einen Bereich nur für Frauen, wegen Ramesh und damit ich ihn nicht verliere war ich im normalen Bereich. Ich entschied, dass ich, wenn ich alleine unterwegs bin, nur im Frauenbereich fahren werde.
Abends gingen wir auf eine indische Hochzeit. Noopur und Ramesh waren von einem Kollegen von Noopur, dem Bruder der Braut und gleichzeitig Gastgeber, eingeladen.
Noopur lieh mir einen ihrer vielen Sarees und zeigte mir auch, wie man ihn bindet - was gar nicht so einfach ist. Es ist auch nicht gerade einfach in einem zu laufen oder zu sitzen. Ich wollte lieber nicht drüber nachdenken, wie man damit aufs Häuschen gehen soll.
Auf der Hochzeit trafen wir Kollegen von Noopur. Braut und Bräutigam kamen nacheinander erst gegen 10 Uhr bei der Hochzeitsgesellschaft an. Bevor sie eintrafen gab es kleine Köstlichkeiten zu essen sowie zu trinken. Ich dachte erst, das wäre das ganze Essen denn es war so reichlich und vielfältig. Als die Braut eintraf meinte Noopur, wir können jetzt zum Buffet gehen und das übertraf jegliche Vorstellungskraft: es gab so viele verschiedenen nord- und südindische Gerichte und auch ein paar westliche wie Nudeln. Es war aber alles rein vegetarisch. Ich konnte mich überhaupt nicht entscheiden, was ich essen soll. Zum Abschluss gab es noch viele verschiedenen Nachspeisen, eine besser als die andere.
Da wir keine Verwandten 1. und 2. Grades sind beglückwünschten wir Braut und Bräutigam nur kurz nach dem Essen, machten ein Gruppenfoto und verließen die Hochzeit wieder. So wäre das Tradition sagte mir Noopur. Die Verwandten blieben zu eigentlichen Zeremonie, die gegen 2 Uhr morgens stattfindet und bis in die frühen Morgenstunden dauert. Die Braut war atemberaubend schön, wie aus 1001 Nacht. Ich bin so froh, dass ich das erleben durfte.
Am darauffolgenden Tag fuhr ich alleine mit der Metro nach Delhi. Ich wollte in ein Museum, hatte aber vollkommen vergessen, dass ich kein Geld dabei hatte. Man schickte mich zum nächsten ATM ins höchste Gericht aber meine Kreditkarte funktionierte nicht. Ich beschloss, mir das India Gate anzusehen. Dort wimmelte es nur so von Menschen, hauptsächlich Schulklassen. Kaum war ich in Sichtweite vielen sie wie in Schwarm Mücken über mich her, alle wollten Bilder von oder mit mir, manche legten einfach so ihren Arm um mich. Ich fühlte mich wirklich unwohl und floh buchstäblich von dem Gelände.
Ich fuhr von dort aus nach Connaught Place, um dort Geld abzuheben. Dort stellte ich fest, dass ich die falsche Kreditkarte dabei und die PIN für diese vergessen hatte. Völlig fertig mit den Nerven und mit 80 Rupies (ca 1,50 $) in der Tasche lief ich Tufail in die Arme. Er schien ein sehr netter Inder zu sein, sehr westlich und umgänglich, und ich ließ mich von ihm zu einem Kaffee einladen. Später fuhren wir zusammen zum Lodi Park. Er gab mir seine Nummer und versprach mir die beste Zeit in Indien mit ihm, sofern ich mich bei ihm melden würde. Dann brachte er mich zurück zur Metro und ich fuhr nach Hause.
Als Ramesh heimkam klapperten wir zusammen alle Geldautomaten in Gurgaon ab, aber nirgends ging meine Karte. Ich war mir ziemlich sicher, dass irgendwas nicht stimmte und tatsächlich wurde sie gesperrt, weil jemand in Kolumbien versucht hatte, Geld abzuheben.
So stand ich also da, ohne Geld und ohne Möglichkeit, Geld zu bekommen, bevor ich am nächsten Tag früh morgens nach Agra aufbrach. Ramesh lieh mir Geld und ich bin ihm unglaublich dankbar dafür. Meine andere Kreditkarte würde in 48 Stunden wieder funktionieren. Und so machte ich mich fertig für Agra.
Agra und der
Taj Mahal
Der Taj Mahal wirkt sehr majestätisch, wie ein König, der nach seinem glorreichem Sieg das Schlachtfeld überblickt.
Er wirkt wie eine weiße Rose, die auf einem Müllberg erblüht ist.
Agra ist eine Müllhalde. Ich kann es nicht anders beschreiben. Es ist noch dreckiger und lauter wie Delhi und überall stehen Kühe, Schweine oder Kamele auf der Straße rum oder wühlen im Dreck.
Die Häuser sind einzige Bruchbuden, die Stadt ist wirklich alles andere als schön und ein krasser Gegensatz zum Taj.
Auf dem Weg zum östlichen Tor des Taj Mahal Geländes wurde ich gleich von vielen Schleppern belagert, die mich in die Läden ihrer Verwandten „schleppen“ wollten. Einer davon war recht nett und versprach mir einen Chai, ich vertröstete ihn aber auf später. Erstmal wollte ich den Fluss sehen. Auf dem Weg dorthin begegnete ich vielen Einheimische, die mich anstarrten oder meine Hand schütteln wollten. Das Flussufer ist unglaublich dreckig und mitten in diesem Dreck entdeckte ich einen kleinen Altar.
Auf dem Rückweg bemerkte ich einen kleinen 4 jährigen Jungen, der an den Straßenrand pinkelte. Er sah mich auch und wartete auf mich. Als ich ihn erreichte, bat er um einen Kuss, was ich verneinte. Dann frage er, ob er meinen Busen anfassen könnte. Ich war zutiefst geschockt und sagte ihm, er soll sich verzupfen.
Ich fand ein Dachterrassenrestaurant, das den „besten Blick auf den Taj“ versprach, wie alle. Sie sind auch alle vom Lonely Planet empfohlen. Das Thali war aber wirklich sehr lecker.
Gestärkt machte ich mich auf den Weg ins Gelände, davor brachte ich aber noch alle verbotenen Gegenstände wie Bücher, iPod und Ohrstöpsel, Pfefferspray, Tabak und Feuerzeug, Deo usw ins Hotel.
Der Taj Mahal war einfach atemberaubend. Er war noch schöner als ich es mir vorgestellt habe. Ein Denkmal der unendlichen Liebe und einer Königin mehr als würdig – prachtvoll, majestätisch, perfekt.
Obwohl es von Touristen nur so wimmelte (und die meisten davon waren überraschenderweise Inder) strahlte der Taj eine unglaubliche Ruhe aus und diese Ruhe ging auf mich über. Ich bemerkte ich vielen Menschen kaum, war einfach gebannt von diesem Gebäude, dem Innbegriff von Liebe.
Ich verbrachte einige Stunden dort, bis zum Sonnenuntergang. In dieser Zeit ließ ich einige Bilder von und mit mir machen und ein Junge verfolgte mich, bis ich ihm recht laut zu verstehen gab, dass ich seine Gesellschaft nicht wünsche und er sich verziehen soll. Kurz bevor ich gehen wollte, fragten mich 2 Jungs nach einem Foto und ich dachte mir, das ist jetzt aber wirklich das letzte für heute.
Ich habe leider ihre Freunde nicht gesehen. Sobald ich ja sagte, kamen sie alle angelaufen, es waren bestimmt 15 oder 20 und alle wollten ein persönliches Bild mit mir. Es dauerte als oeine Weile. Zum Schluss machten wir ein Gruppenbild, ich habe jetzt meinen persönlichen Harem.
Als ich das Gelände schweren Herzens verließ lauerte mir der Schlepper auf und bat mich einen Tee mit ihm zu trinken und Englisch zu reden, er wolle sein Englisch verbessern und später mal Arzt werden. Ich erklärte ihm dass ich auf gar keinen Fall etwas kaufen werde, schon gar keinen Stein (sein Onkel verkauft nämlich Marmor-Taj Mahals) aber er gab nicht auf. Also kam ich mit ihm, trank einen Tee, schnorrte eine Zigarette und verließ das Geschäft ohne etwas zu kaufen.
Auf dem Heimweg lief mir ein Teenie über den Weg und wollte einen Kuss von mir. Er ging sogar noch weiter und fragte, ob ich auf Sex stehe, ob ich Kamasutra mit ihm machen will und als ich alles verneinte meinte er, ich könne ja zumindest seinen Penis in den Mund nehmen. Ich war komplett verdattert und drohte ihm, ihm in die Eier zu treten wenn er nicht sofort verschwindet.
Außerdem sagte ich ihm, dass er nicht glauben braucht, dass wir aus dem Westen alle Huren wären (denn genau so fühlte ich mich). Ich glaube aber ich stieß auf taube Ohren.
Dieses Land sollte wirklich offener mit dem Thema Sex umgehen, dann würde so etwas nicht passieren. Sex ist in Indien nämlich ein Tabuthema, man redet nicht darüber und man tut es erst recht nicht bevor man nicht verheiratet ist. Junge Männer haben wahrscheinlich noch nie ihn ihrem Leben eine leicht bekleidete oder sogar nackte Frau gesehen, außer evtl. in einem westlichen Film. Indische Frauen würden sich nie im Leben so entblößt zeigen.
Ach ja, manche Männer laufen hier Hand in Hand rum oder legen den Arm um die Schulter des anderen. Das wäre bei uns ein Zeichen von homosexualität, hier ist das aber ganz normal und hat nichts mit schwul sein zu tun. Die meisten Jungs, die in einem Internat oder einer Schule für Jungs waren, gehen so miteinander um. Mädchen natürlich auch, aber das ist nicht so ungewöhnlich.
Am nächsten Tag fuhr ich zurück nach Delhi, was mir wie eine Traumstadt vorkam im Vergleich zu Agra. Ich besuchte die National Galerie of Modern Art und war überaus begeistert. Ich wusste überhaupt nicht, dass es in Indien so talentierte Künstler gibt.
Später ging ich eine der vielen Malls auf der MG Road, hob Geld ab (denn meine Ersatz-Kreditkarte funktionierte!), traf mich mit Noopur zum Abendessen und danach holten wir Ramesh vom Flughafen ab. Noopur hielt mir 2 Kreditkarten unter die Nase, eine von ihrem Kollegen und eine von einem Freund von Pragyesh. Sie wollten mir ihre Debit-Karten leihen und ich war wirklich gerührt, immerhin kennen mich die Beiden überhaupt nicht. Ich was überwältigt von dieser Großzügigkeit und dem Vertrauen.
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