Dienstag, 8. Mai 2012

Been There - Don Det ... Ein Gedanke zum Tourismus


"Der Tourismus lebt von jenen Leuten, 
die für teures Geld im Ausland immer wieder aufs Neue feststellen wollen, 
dass es nirgendwo schöner ist als zu Hause"



Ich liege gerade auf Don Det, einer der 4000 Inseln im Mekong in Laos nahe der kambodschanischen Grenze, in einer Hängematte und lasse mich und meine Gedanken baumeln.

Im Lonely Planet wurde Don Det als kleine, chillige Insel beschrieben, von der aus man Kajaktouren unternehmen oder langsam den Mekong auf einem riesigen Gummireifen hinab“tuben“ kann, auf der man in einer Hängematte die Seele baumeln lassen oder sich das Gehirn mit einem Happyshake (Fruchtshake plus Joint) vernebeln kann, auf der es weder Internet noch regelmäßig Strom gibt – es klang wie eines der letzten Paradiese auf Erden.  
Ich lud vorsorglich alle meine elektronischen Geräte wie Kamera, Computer und iPod auf und verabschiedete mich von Familie und Freunden für ein paar internetfreie Tage, damit sich auch keiner Sorgen über meinen Verbleib macht und freute mich auf ein paar Tage abseits des Massentourismus.
Das letzte Paradies auf Erden? Weit gefehlt!
Gleich nach der Ankunft musste ich feststellen, dass auch Don Det dem Massentourismus zum Opfer gefallen ist – es gibt alles, was der 0-8-15-Massentourist sich nur wünschen kann: „Free WiFi“  ist in jeder Unterkunft und in fast jedem Restaurant verfügbar und High-Speed Internetcafés finden sich an jeder Ecke. Dazu kommt westliche Küche wie Wiener Schnitzel, Pommes, Pizza, Pasta, Nutella, English Breakfast mit Hash Browns und einiges mehr. Die landestypische Küche ließ – wie in den meisten touristischen Orten dieser Welt, zu wünschen übrig – sie wurde auf den westlichen Geschmack angepasst und war dementsprechend fade und teils regelrecht ungenießbar.
Aber warum das alles? Warum wurde dieses „Paradies“ zu einem weiteren Trampelpfad auf dem „Banana-Pancake-Trail“?

Wir Touristen reisen doch, um das Land, die Leute, die Kultur und das Essen kennen zu lernen. Ist das wirklich so oder alles eigentlich nur Heuchelei?

Wenn der Tourist reist, um ein Land wirklich kennen zu lernen, wieso fühlt er sich dann erst richtig wohl, wenn der westliche Komfort mit allen seinen Annehmlichkeiten zumindest mehr schlecht als recht vorhanden ist? Natürlich hat man hier und da mal ein landestypisches Gericht probiert – da es aber auf den westlichen Gaumen angepasst wurde schmeckt dies nicht besonders gut und man ist doch wieder zum altbewehrten Nudelgericht umgestiegen. Klar, das Plumpsklo ließ sich hin und wieder nicht vermeiden – aber die bakterienverseuchte, absolut unpraktische aber dennoch eben gewohnte westliche Toilette war dann doch ein Muss bei der Auswahl der Unterkunft. Ein Dusche mit Schütttechnik? Wie soll man denn da bitte sauber werden? Dann doch lieber der gewohnte Duschkopf, aus dem ein minimaler Strom Wasser mit keinerlei Druck tröpfelt.
Man lernt ein Land doch nicht kennen, wenn man eben ab und zu mit den sogenannten „Unannehmlichkeiten“ der südostasiatischen Welt konfrontiert wurde, nur um dann festzustellen, dass einem das alles nicht gefällt und man lieber alles wie zu Hause hätte. Warum reist man überhaupt, wenn man alles wie zu Hause haben will? Sollte man dann nicht besser gleich dort bleiben, sich im Solarium bräunen und sich Bilder von der großen weiten Welt im Internet oder auf dem Discovery Channel anschauen?

Die meisten Touristen hängen eh andauernd im Internet (mich eingeschlossen). Schaut man in die Bildschirme der Reisenden, befinden sich fast alle auf Facebook oder auf ihrer E-Mail-Seite.
Ab und zu werden auch Reisevorbereitungen getroffen, oft werden dazu Bilder von den entsprechenden Orten, zu denen man aufbrechen will, im Vorhinein angeschaut um auszuloten, ob es sich denn überhaupt lohnt dort halt zu machen. Man hängt also im Netz um sich mit den zu Hause gebliebenen auszutauschen oder um mit einem weiteren Bild von einem tollen Sonnenuntergang anzugeben – Entschuldigung – die anderen daran teilhaben zu lassen.
Warum beschäftigen wir uns auf Reisen so sehr mit zu Hause und nicht mit den Leuten, für die wir ursprünglich doch eigentlich gekommen sind? Wo bleibt die Kommunikation mit den Einheimischen? Wenn überhaupt unterhält man sich noch mit anderen Reisenden – am liebsten in der eigenen Landessprache – aus Bequemlichkeit – und man „addet“ denjenigen dann natürlich auch gleich auf Facebook.

Finde den Mittelweg...

Es würde doch vollkommen reichen, wenn man in den großen Städten Internet nutzen könnte um kurz zu Hause Bescheid zu geben, dass man noch am Leben ist. Aber in der heutigen Zeit braucht man natürlich in jedem Winkel der Welt Internetzugang.
Kann man sich als Tourist diesem „Wahnsinn“ überhaupt noch entziehen? Wie lange würde man es ohne die westlichen „Annehmlichkeiten“, nur mit lokalen Gerichten und der lokalen Lebensweise aushalten? Ab wann würde man wieder ins „Muster“ zurückfallen?

Ich frage mich oft, warum eine Reise oft steht oder fällt mit dem vorhanden oder eben nicht vorhanden sein bestimmter Kriterien, die wir uns selbst setzten. Der eine braucht unbedingt sein geliebtes Klopapier, der andere die Chips der Marke XYZ, der nächste kann ohne Käse nicht überleben oder die Cornflakes, die er schon seit Kindheitstagen jeden Morgen gefrühstückt hat.
Wieder andere kommen mit dem Gedanken nicht zurecht, sich Wasser aus einem Trog mit einem Eimer über den Kopf zu schütten anstelle eines windigen Duschhahns ohne Wasserdruck und die meisten haben ein großes Problem damit, ihr Geschäft in der Hocke zu erledigen, anstatt sich auf eine bakterienverseuchte Brille zu setzen oder – noch besser – ein bisschen weniger in der Hocke und verkrampft  über der Brille zu schweben nur um dann die Hälfte des Geschäfts auf der Brille zu hinterlassen.
Jeder von uns hat bestimmte Kriterien, meines ist das Klopapier – wenigstens für das große Geschäft.
Wir alle haben andere Prioritäten, manche mehr, manche weniger, aber auf alle diese Kleinigkeiten hat sich die Tourismusbranche eingestellt um für jeden das Richtige dabei zu haben – und so ist eben alles im Überfluss vorhanden – nur meistens leider nicht mehr die Kultur des Landes.

Der Tourismus bringt viel Gutes in arme Länder – vor allem Arbeitsplätze und dementsprechend Geld. Leider raubt er den Ländern durch die Durchsetzung der westlichen Standards einen Teil ihrer Seelen, ihren Kern, das Exotische und die Kultur… er raubt ihnen vieles, wofür wir doch anfänglich überhaupt gekommen sind.

Eigentlich hatte ich mich schon sehr auf eine internetfreie Zeit gefreut, um meine Gedanken ordnen zu können, die Zeit einfach verstreichen und das Leben Leben sein zu lassen.
Und obwohl es an jeder Ecke Internet gab, nahm ich mir die FREIHEIT mir eine Auszeit zu nehmen und nutze es nicht, ich hatte mich ja eh bereits bei allen abgemeldet – denn am Ende liegt es doch an jedem einzelnen von uns, aus unserer Reise das für uns Beste heraus zu holen.


HALTET DIE WELT AN –
ICH WILL AUSSTEIGEN!





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